Wöchentliche Minilektionen

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13. Juni 2024

Ein aussergewöhnliche Methode, wie man die Krankenkassenprämien senken könnte:

Die Selbstbehalt-Versicherung

Soeben wurden den beiden Vorlagen der Initiativen, Prämienentlastung und Kostenbremse, am 9.Juni 2024 eine Abfuhr erteilt. Der Schreiner aus Rapperswil, der 5000 Fr. monatlich verdient und eine 4-köpfige Familie durchbringen muss, wird weiterhin jährlich 15-20% von seinem steuerbaren Einkommen für Krankenkassenprämien aufwenden. Kein Einzelfall: Auch für die 5-Köpfige Familie aus dem Zürcher Unterland, dessen Familienoberhaupt als Informatiker monatlich zehntausend  Franken verdient, ist kein Aufatmen in Sicht. Der Familie bleiben pro Monat gerade mal tausend Franken übrig nach Monatszahlungen wie KK und Miete. Letztere scheint doch etwas überhöht mit Fr. 2700.

Woher kommt eigentlich das Wort Krankenkasse. Früher hielten die Eltern mehrere Kässeli und Spartöpfe aus Porzellan (z.B.Sparschweine). In die kleinen Schatullen wurden sporadisch vielleicht auch je nach Lust und Laune kleine Münzen eingeworfen. Für Ferienreisen aber auch für Unvorgesehenes, wie für den Krankheitsfall. Es gibt auch immer noch wenige Banken, die ihren Firmenname als Kasse bezeichnen: Z.B. die Amtsersparniskasse.

Seit 1996 ist die für jedermann obligatorische Krankenversicherung (KVG) in Kraft. Vor der Einführung des KVG 1996 war die Krankenversicherung nur für Personen obligatorisch, die nur bescheidene Mittel hatten bzw dessen Reinvermögen eher niedrig war. Um das zu kontrollieren, sandte im Kt. Zürich die Gesundheitsdirektion jährlich ein Schreiben an sämtliche Einwohner, die zu wenig Vermögen besassen. Diese mussten jeweils bestätigen, dass sie bei einer Krankenversicherung angemeldet waren. Viele Schweizer hatten überhaupt keine Krankenversicherung. Sie waren davon befreit, wenn gemäss Steuerdaten ihr Reinvermögen einen Mindestbetrag aufwies. Ca 50‘000 Fr. pro Person.

Vor 1996 waren die Versicherten mehrheitlich individuell versichert. Das KVG ist eine Kollektivversicherung, mit einem riesigen Sortiment.

Zum Vorschlag wie die Versicherungsprämien gesenkt werden könnten.

Es braucht dringend recht schmerzhafte Sofortmassnahmen, die sofort umgesetzt werden können. Immer mehr Versicherte kommen in eine finanzielle Schieflage. Wenn zehntausende oder gar x-zehntausende die Prämien nicht mehr bezahlen können, und schlimmer noch, wenn sich eine informelle politische Gruppe zusammenschliesst (Reichsbürger, Rechtsextremisten, Linksextremisten, religiöse Fanatiker usw.) um die Prämienzahlungen zu boykottieren, haben wir ein grosses Problem. Die Versicherungen werden dann ebenfalls zahlungsunfähig und bei den Spitälern und Arztpraxen steht alles still. Patienten sterben massenweise weg.

Als erste sofort Massnahme müssen alle Krankenversicherer eine zusätzliche Rückversicherung abschliessen, sofern sie das nicht schon haben.

Das heutige Versicherungs-Diktat muss aufgeweicht werden.

Als zweite Massnahme, und die ist besonders bedrückend, muss der Selbstbehalt massiv erhöht werden. Das ist spinnig, Quatsch, Schwachsinn?

Ja Sie haben Recht, aber lesen Sie trotzdem weiter. Es kommt noch verreckter.

Der Selbstbehalt muss mindestens 5-stellig sein. Z.b. 15‘000 Fr. Sie haben richtig gelesen aber schmeissen Sie Ihren PC, Laptop, Tablet oder Iphon nicht sogleich mit voller Wucht auf den Steinboden, das Gerät könnte gar explodieren.

Nun der zweite Schlag, der etwas sanfter ausfällt. Den jährlichen Selbstbehalt für ärztliche Dienstleistungen müssen Sie gar nicht aus dem eigenen Sack bezahlen. Für diesen Selbstbehalt können Sie wiederum eine Versicherung abschliessen. Tönt absurd, verdammt nochmal jetzt plötzlich zwei Versicherungen, dümmer gat’s nümmer!

Aber diese Selbstbehalt-Versicherung wäre dann freiwillig, unter bestimmten Bedingungen. Man befreit also einen Teil der obligatorischen Krankenversicherung gemäss KVG.

Und für wen soll die Selbstbehalt-Versicherung freiwillig sein.

Wenn jemand doppelt so viel Vermögen besitzt wie der jährliche Selbstbehalt, oder wenn eine Einzelperson mindestens 120‘000 Fr. ein Ehepaar mindestens 180‘000 Fr. plus 20‘000 Fr. pro Kind verdient. Das Vermögen müsste ausschliesslich aus Sparkonti, Anlagefonds, Aktien und Obligationen bestehen. Letztere müssten innerhalb spätestens 3 Monaten abgehoben werden können. Liegenschaften, Autos, Computer, Maschinen jeglicher Art sowie Wertgegenstände und andere Mobilien wären ausgeschlossen.

Diese Eckwerte wie überhaupt die Höhe eines möglichen Selbstbehalts, müsste die Gesundheits-Kommission des National- und Ständerats weiter beraten, sofern sie überhaupt auf diesen Vorstoss eingehen will.

Das KVG würde im Versicherungsjahr erst zum Zug kommen, sobald der Selbstbehalt, in diesem Vorschlag 15‘000 Fr, aufgebraucht ist.

Beispiel:

A ist ledig und verdient 60‘000 Fr. pro Jahr. Er hat ein Vermögen von 20‘000 Fr. und hat kürzlich ein Motorrad für 10‘000 Fr erworben. A müsste mit oben erwähnten Parametern eine Selbstbehalt-Versicherung abschliessen, weil sein Vermögen auf dem Lohnkonto bei der UBS 20‘000 Fr beträgt, es sollte mindestens 30’000 Fr betragen, das Doppelte des Selbstbehalts.

B ist verheiratet und hat 2 Kinder. Das Familienbruttoeinkommen beträgt 170’000 Fr pro Jahr. Das Vermögen des Ehemannes beträgt ca 70‘000 Fr. Der Familien-Vater und seine Ehefrau wären von der Selbstbehalt-Versicherung befreit. Für die beiden Kinder müsste sie, weil die Kinderprämie tiefer ist ein im Verhältnis tiefere Selbstbehalt-Versicherung abschliessen. Bei einem Selbstbehalt von 15000 Fr wäre das je 7500 Fr. wenn gemäss Modell von der halben Kinderprämie ausgegangen werden kann.

Weshalb 2 Versicherungen? Ist das nicht  eine unnötige Komplizierung? Ja das stimmt. Jedoch mit der zunehmenden Digitalisierung können die Versicherungen das leicht beheben. Die Selbstbehalt-Versicherung ist eigentlich nichts anderes als eine Zusatzversicherung, nur wäre sie eben unter obgenannten Bedingungen weiterhin obligatorisch. Dafür gäbe es damit überhaupt keine Franchisen mehr. Der Kunde kann hemmungslos den Arzt aufsuchen. Anstatt die Franchisen gäbe es die Selbstbehalt-Versicherung.

Man hat also quasi das Versicherungsmodell wie vor 1996, zumindest für einen kleinen Teil.

Die obligatorische Krankenversicherung läuft so quasi auf 2 Gleisen, dessen „Züge“ nicht nur unterschiedliche Geschwindigkeiten sondern auch gegensätzliche Richtungen haben können. Während die Selbstbehaltsprämie von einem tiefen Niveau eher moderat steigen würde, müsste die KVG-Prämie bald erheblich sinken.

Ein weiteres Beispiel:

C der pensioniert ist und dessen KK-Prämien auch die Unfalldeckung beinhaltet, erleidet im August einen schweren Bergunfall. C löst eine Steinlawine aus und stürzt 40 m in die Tiefe. Rega fliegt ihn ins nächst gelegene Notfallspital. C erleidet mehrere Knochenbrüche. Ende Dezember sind bereits 9000 Fr. an Behandlungskosten angefallen. Die Selbstbehalt-Versicherung kommt dafür auf. Im darauffolgenden Jahr ist C noch nicht vollständig genest. Es folgen noch mehrere Physiotherapien. Wichtig dabei ist zu wissen. Die Selbstbehalt-Versicherung kommt dafür auf sowie für weitere medizinische Leistungen, bis die Selbstbehaltsgrenze von 15000 Fr ab Januar des Folgejahres erreicht ist. Erst danach kommt die bisherige KVG-Versicherung, die für jedermann nach wie vor obligatorisch ist, ob sehr arm oder steinreich, für weitere Genesungsleistungen zum Zug. Insgesamt hat die Selbstbehalt-Versicherung für diesen Unfall 9000 + 15000 = 24000 Fr übernommen.

Bei den Prämienverbilligungen soll sich nichts ändern. Auch die Gegenvorschläge der beiden soeben verlorenen Abstimmungen sollen umgesetzt werden, sofern kein Referendum eingereicht wird.

Weitere Massnahmen die wünschenswert wären

Des Weiteren sollte unbedingt die Digitalisierung im Gesundheitswesen weiter aufgebaut werden, insbesondere braucht es ein elektronisches Patientendossier oder weitere intelligente Massnahmen um doppelte Behandlungen und Verrechnungen zu verhindern.

Damit Spitäler zumindest wieder kostendeckend arbeiten, braucht es Wirtschaftsprüfungen von Treuhandgesellschaften, die auf das Spitalwesen spezialisiert sind. Geprüft müssen nicht nur das finanzielle sondern auch das betriebliche Rechnungswesen. Insbesondere sollten die Ablauforganisationen, genau die Arbeitsabläufe, die physischen Bewegungen, die Distanzen beim Bettenverschieben, wieviel administrative Tätigkeiten am Computer durch Gesundheitsfachpersonal gemacht werden, unter die Lupe genommen werden. Es ist sinnlos, wenn eine Medizinfachperson stundenlang am Computer mit Tätigkeiten beschäftigt ist, die nicht zum Spezialgebiet passt und plötzlich muss die Fachperson einen Notfall behandeln. Es ist möglich, dass eine neue Berufsgattung kreiert werden muss. Die Person erledigt bei einem Fall all die schriftlichen administrativen Arbeiten. Dieser Medizinal-Administrator oder Medizinal-Koordinator kann auch lateinisch, beherrscht die Ärztesprache, hat annähernd dasselbe Medizinalfachwissen wie eine angehende Medizinfachfrau oder ein Medizinfachmann (gemeint ist die 3-4-jährige Ausbildung) dazu hat diese Person Spezialkenntnisse im IT-Bereich und in Betriebswirtschaft.

Peter Iberg

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